Eigentlich sprechen jetzt alle gegen die Spiegelreflexkamera. Reflex heißt, dass viele zusätzliche Mechaniken und Optiken involviert sind. Nicht nur dieser Faltspiegel, der dem Photographen einen Einblick durch das Glas erlaubt und im Augenblick des Auslösens kurz aufklappt, um Lichteinfall auf den Bildsensor zu ermöglichen.
Spiegelreflexkameras setzen auch auf spezielle Autofokus- und Belichtungs-Sensoren. Spiegelreflexkameras verfügen über ein komplexes Optiksystem mit (halbtransparenten) Spiegel und Objektiven, die das Streulicht auf den AF-Sensor unter dem Sensor und den Belichtungsmesser an der Oberseite des Suchers verteilen, um vor dem Auslösen der Kamera die wichtigsten Messwerte und Einstellwerte vorzunehmen.
Wenn der Spiegel sich zum Beispiel faltet, wenn er auf seine Grenzpunkte trifft, werden Schwingungen auf das Kameragehäuse geleitet, die zu Unschärfen im Kamerabild führen können. Der spezielle unter dem Spiegelsystem installierte Nahfeldsensor funktioniert fast immer mit einer geringen Ausfallsicherheit, da er sich nicht auf der gleichen Höhe wie der Detektor befindet und das Lichtsystem, das ihn mit Strom speist, nie ganz intakt ist.
Deshalb haben die modernen Spiegelreflexkameras oft eine zusätzliche Möglichkeit, diese Fokusabweichungen für jedes einzelne Objekt (und teilweise auch für verschiedene Brennweiten) auszugleichen. Egal wie man es dreht: Aus technologischer Hinsicht sprechen nahezu alle Dinge gegen die SLR-Technologie. Es verursacht bestimmte Unregelmäßigkeiten, ist anfällig für Verschleiß, empfindlich gegen Stöße, groß (erfordert auch grössere Linsen, da ein grösserer Entfernung zur Sensorfläche notwendig ist), stark, teuer.
Am Anfang der CSC-Ära, die ich mit der Vorstellung der ersten Mikro Four Thirds-Kamera von Olympus (siehe Rückspulen #177) begann, hatten spiegelfreie Anlagen noch einige Benachteiligungen. Bei Spiegelreflexkameras hingegen war die Messung der Phase wesentlich zügiger. Heute sind die besten CSCs den besten Spiegelreflexkameras zumindest gleichwertig oder deutlich überragend.
Dies ist beispielsweise bei der seriellen Bildgeschwindigkeit der Fall, die bei Spiegelreflexkameras durch den Faltspiegel mechanisch begrenzt wird. Die Tatsache, dass Spiegelreflexkameras immer noch so leistungsstark sind, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die (noch) dominanten Kamera-Hersteller, vor allem Canon, es noch nicht gewagt haben, ihr erfolgreiches Business mit Spiegelreflexkameras mit ihren eigenen spiegellosen Kameras auszuschlachten.
Obwohl Canon seit einigen Jahren ein eigenes CSC-System, die M-Serie, im Sortiment hat, ist dies vor allem auf eine im Wettbewerbsvergleich eher schlechte Auswahl an eigens für diesen Zweck entwickelten Optiken zurückzuführen. Darüber hinaus hat Canon die M-Serie stets weit unter seinen mittleren und oberen SLRs positionier.
Auch die M-Serie ist auf Sensorik im APS-C Format begrenzt. Ein vollformatiges CSC mit hohen technologischen Standards, wie sie von Sony angeboten werden, war bei Canon bisher nicht denkbar. Noch ernüchternder ist der zweitgrößte SLR-Spezialist in Deutschland. Obwohl die spiegelfreien Kameras von Nihon einige technologisch fortgeschrittene Lösungsansätze anboten, versagten sie letztendlich an dem viel zu kleinen Sensor-Format (1 Zoll), mit dem Nihon auch eine Respektlücke zu seinem Kernprodukt, den Spiegelreflexkameras, halten wollte.
Nikon hat heute noch nicht einmal etwas Ähnliches wie die M-Serie von Canon im Programm. Nikon fertigt mit der D500 oder der noch recht kleinen D850 (Performance) meiner Meinung nach die mit großem Vorsprung besten Spiegelreflexkameras. Bei spiegellosen Systemen hingegen läuft Nikon Gefahr, den Anschluß komplett zu missen. Next page: Ist Canon dem CSC verpflichtet?